Ein ganz normales Leben.

Da es sich bei der jüdischen Bevölkerung in Baden um keine homogene Gruppe handelte, sondern – wie es bei Menschen nun mal so ist – um unterschiedliche Charaktere, ist es schwer allgemeine Aussagen über das jüdische Leben zu treffen. Dennoch wollen wir hier einen möglichst akkuraten Überblick geben.

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Ein Teil der jüdischen Bevölkerung war das ganze Jahr über ortsansässig, andere kamen nur am Wochenende bzw. in den Sommermonaten nach Baden. Auch gab es innerhalb der jüdischen Gemeinde in Baden zwei Strömungen, die sogenannten „Bodenständigen“ – sprich jener Teil der jüdischen Bevölkerung, der auch schon vor dem Zuzug von Juden aus dem galizischen Raum um die Zeit des ersten Weltkriegs, bestand und eben der letztgenannten Gruppe.

Ebenfalls offensichtlich ist, dass die Kinder des jüdischen Waisenhauses in der Germergasse ein anderes Leben geführt haben, als die Sprösslinge der zahlreichen gut bürgerlichen jüdischen Familien in Baden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die jüdische Bevölkerung von Baden sehr mit der Stadt und der Landschaft verbunden sah. In zahlreichen Interviews mit Badener Juden die vor der Shoah flüchten konnten wird mit einer etwas wehmütigen Stimme von der schönen Kurstadt und der wunderschönen Landschaft gesprochen.

Zusammenleben

Die Badener Zeitung berichtet vor 1938 nur selten über Ereignisse innerhalb der jüdischen Welt in Baden. Zwar wurde regelmäßig über die Betzeiten in der Synagoge berichtet und sehr vereinzelt auch über das jüdische Leben, aber dennoch fand man das jüdische Leben in Baden eher in überregionalen jüdischen Zeitungen als in der lokalen Badener Zeitung.

Zwangsläufig waren in der Kinder- und Jugendzeit jüdische und nichtjüdischen Kinder und Jugendlichen zusammen in der Schule. Kontakte über den Schulalltag hinaus bestanden aber kaum. Auch zwischen den Erwachsenen bestand kaum Kontakt. Man lebte eher unter sich. Im Geschäftsleben verhielt es sich selbstverständlich so, dass man Kontakte zwischen der jüdischen und der nicht jüdischen Bevölkerung pflegte.

Eine gewisse Art des Unwissens über das Judentum lässt sich gelegentlich in der Badener Zeitung bei Todesanzeigen von Juden feststellen. So wurde zweimal eine Todesanzeige eines Juden – wahrscheinlich aufgrund von Unwissenheit des Autors des jeweiligen Artikels – mit einem christlichen Kreuz versehen. In anderen Todesanzeigen von Juden in Baden wurde das Kreuz weggelassen.

Juden prägten auch das Kulturleben der Stadt Baden entscheidend mit. Die jüdische Wochenzeitung „Die Wahrheit“ betonte bei bestimmten Personen stets, dass sie sich „sowohl bei Juden wie auch bei Nichtjuden des besten Rufes und (…) größter Beliebtheit“ erfreuen bzw. bei Beerdigungen wurde auch zumeist extra darauf hingewiesen, dass sich unter den Trauergästen Menschen „unterschiedlicher Konfessionen“ fanden.

Religiöses Leben

Das religiöse Leben der sogenannten Bodenständigen spielte sich vielmehr in der Synagoge in der Grabengasse 14 ab, während die galizischen Juden eher den eigenen Betraum der „Beth Hamidrasch“ in der Grabengasse 12 bevorzugten.

Ausschlaggebend dafür war wohl, dass die Synagoge in der Grabengasse sowie die in der Wassergasse nach dem aschkenasischen Ritus beteten, während die galizischen Juden nach dem sephardischen Ritus beteten. Auch das Bestehen von zwei Synagogen in Baden, nämlich die in der Wassergasse und jene in der Grabengasse legen Zeugnis über die Spannungen zwischen den fortschrittlichen und den orthodoxen Mitgliedern der Gemeinde ab.

Das religiöse Leben wurde hauptsächlich in der jüdischen Presse abgehandelt. Zwar berichtete die Badener Zeitung in ihren Ausgaben immer über die Gebetszeiten im Badener Tempel, aber von jüdischen Feierlichkeiten wurde kaum berichtet. So berichtete die jüdische Wochenzeitung „Die Wahrheit“ oft von religiösen Ereignissen in Baden. Auch berichtete die jüdische Presse über Austritte aus dem Judentum.

Über den unterschiedlichen Zugang zur Religion legten auch die Werbungen in den jüdischen Zeitungen Zeugnis ab. Während die meisten Hotels, Pensionen und Lokale in den von ihnen geschalteten Zeitungsanzeigen stets ihre streng orthodoxe Ausrichtung betonten, gab es auch Anzeigen in jüdischen Zeitungen die – anscheinend – an Juden gerichtet waren, aber eben keine entsprechenden Hinweise enthielten.

Judentum in Baden

Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Baden

Die Israelitische Kultusgemeinde wurde 1878 offiziell gegründet. Gemäß den Statuten der Israelitischen Kultusgemeinde Baden bei Wien gehörten dem Kultusvorstand direkt vier Mitglieder an. Weitere Organe der Kultusgemeinde Baden waren der Kultusausschuss und der verstärkte Kultusausschuss.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Die Wahlen der Kultusgemeinde fanden alle drei Jahre statt. Für jedes der Organe war ein eigener Stimmzettel abzugeben. Es galt zwar das Persönlichkeitswahlrecht, jedoch schlossen sich die Kandidaten zumeist zu „Parteien“ zusammen.

Zu den einflussreichsten Parteien der Kultusgemeinde Baden gehörten:

  • Fortschrittspartei
  • Orthodoxe Partei
  • Jüdische Arbeiterpartei/ Jüdische Arbeitsgemeinschaft
  • Wirtschaftspartei/ Israelitischer Wirtschaftsverein
  • Zionisten

Präsidenten 1863-1938

Moritz Leitner (1849 – 1926)

Moritz Leitner gehörte bereits 1863 zu den Gründungsmitgliedern der jüdischen Gemeinde in Baden und leitete deren Geschicke von 1878 bis 1897 sowie 1900 bis 1919. Im Zivilberuf war Leitner der Direktor der Wechselstube des Bankhauses Merkur am Badener Hauptplatz. Moritz Leitner war mit Julie Leitner vormals Schischa (1849 – 1926) verheiratet. Er hatte drei Kinder. In seiner Amtszeit wurde der Tempel gebaut, die Liegenschaft in der Grabengasse 12 zugekauft, sowie die Zeremonienhalle am Friedhof gebaut.

Sein Neffe Hugo Leitner (Sohn von Moritz Leitners jüngerem Bruder David Leitner) betrieb bis 1938 u.a. das Modegeschäft „Badener Louvre“ in der Theresiengasse 6. Hugo Leitner war von 1919 bis 1934 im Badener Gemeinderat und gehörte der Sozialdemokratischen Partei an.

Alexander Braun (1871 – unbekannt)

Alexander Braun wurde am 21.03.1971 in Kobersdorf geboren und war mit Hedwig Braun verheiratet, die ihreszeichens die Vorstandsdame des Israelitischen Frauenvereines in Baden sowie des Vereines zur Ausspeisung armer Glaubensgenossen war.

Er gehörte ab 1912 den Vertretungsorganen der Kultusgemeinde an und wurde 1919 dessen Präsident. Außerdem gehörte er der jüdischen Arbeiterpartei an.

Er wurde in seinem Amt bei den Kultuswahlen im Jahr 1922, 1925 sowie 1927 (vorgezogene Wahlen da die Wahlen aufgrund von Protesten der Wirtschaftspartei annuliert wurden) bestätigt.

Aufgrund von Streitigkeiten legte Braun sein Amt im August 1930 nieder, ihm folgte Chaskel Ingwer. Bei den Wahlen 1931 erlitt die Arbeiterpartei (und seine Vertreter Braun und Ingwer) eine erhebliche Niederlage und schaffte es nicht in den Kultusausschuss einzuziehen.

Während seiner Amtszeit verstarb der langgediente und beliebte Rabbiner Reich. 1939 gelang dem Ehepaar Braun die Flucht nach Palästina. Seine Tochter, sowie sein Schwiegersohn konnten bereits im Jahr 1938 nach Argentinien flüchten. Sein Bruder Leopold Braun konnte sich nach Mexiko retten.

Chaskel Ingwer (1873 – 1960)

Chaskel Ingwer wurde am 10.05.1873 in Lezaisk geboren. Er war Holzhändler und mit Charlotte Ingwer verheiratet. Ab 1919 gehörte er dem Kultusausschuss an. Ingwer folgte 1930 den zurückgetretenen Parteifreund Braun nach. Bei den Wahlen 1931 schaffte die Arbeiterpartei sowie Ingwer nicht mehr den Einzug in den Kultusausschuss.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Nach dem Tod von Rabbiner Wilhelm Reich wurde lange nach einen Nachfolger gesucht. Die Wahl von Rabbiner Dr. Hartwig Carlebach fiel in die Amtszeit von Ingwer. Chaskel und Charlotte Ingwer gelang die Flucht 1938 in die USA.

Anton Stern (unbekannt)

Anton Stern wurde am 27.12.1859 in Ungarn geboren. In Baden betrieb er das bekannte Cafe Schopf (Weilburgstraße 5). Als Kandidat der Wirtschaftspartei wurde er 1931 in das Amt des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Baden gewählt. In seiner Amtszeit wurde der neue Rabbiner Dr. Carlebach in sein Amt offiziell eingeführt.

Quelle: Stadtarchiv Baden

Carlebach verstarb am 06.09.1934 in Baden. Er wurde am jüdischen Friedhof in Baden beigesetzt. Nach dem Tod von Stern führte seine Frau Johanna Stern das Cafe Schopf fort. 1938 wurde das Cafe Schopf arisiert.

Peter Herz 1920 - Cafe Schopf Baden (0,8 MB)
Mit freundlicher Genehmigung der Peter Herz Stiftung / AKM

Johanna Stern (1864 – 1944) wurde 1942 nach Theresiestadt deportiert und verstarb dort am 28.01.1944. Die gemeinsame Tochter Hilda Herzog (1891 – vermutlich 1942) wurde am 15.05.1942 deportiert.

Dr. Samuel Deutsch (1884 – 1940)

Dr. Samuel Deutsch, der Sohn des Mattersdorfer Ehepaares Albert und Emma Deutsch (Wassergasse 14), wurde der am kürzesten dienendste Präsident der jüdischen Gemeinde. Seine Funktionsperiode dauerte lediglich fünf Monate. Dr. Samuel Deutsch war als praktischer Arzt in Baden tätig. Außerdem vermietete er in den Sommermonaten auch Zimmer.

Deutsch gehörte zur Wählergruppe der Zionisten. Seine Funktion legte er aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Kultusausschusses zurück. Dr. Deutsch war auch als Mohel (Fachmann für die Beschneidung nach jüdischer Sitte) tätig.

Nach dem Anschluss verlor Dr. Deutsch seine Kassenzulassung. Zuletzt durfte er nur noch als Arzt für Juden praktizieren. Er war mit Rosa Deutsch, vormals Schön (1898 – 1925), verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Dr. Deutsch (1939) sowie die Kinder (1938) konnten nach Palästina flüchten.

Dr. Rudolf Lackenbacher (1895 - unbekannt)

Dr. Rudolf Lackenbacher war wie sein Vorgänger Arzt und ebenfalls von der Zionisten Partei. Dr Lackenbacher engagierte sich nach dem 1. Weltkrieg im Bund jüdischer Frontsoldaten, dessen Obmann er für den Ortsableger in Baden war. Dr. Lackenbacher stand der Israelitischen Kultusgemeinde von 1934 bis 1937 vor. Rudolf Lackenbacher war mit Ida Lackenbacher verheiratet. Sie hatten einen Sohn, der 1938 nach Palästina flüchten konnte. Die Eltern flüchteten in die USA.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Kurz vor der Wiedervereinigung der Eltern und des Sohnes nach dem Krieg, verstarb dieser (also der Sohn) auf tragische Weise. Die Schwester von Rudolf Lackenbacher, Margarethe Reisz war mit ihrem Mann Ludwig Reisz nach Baden zurückgekehrt und forderte das Modegeschäft in der Wassergasse 1 zurück. Ludwig Lackenbacher war auch der Begründer der Nachkriegsgemeinde.

Max Deutsch (1885 – 1958)

Max Deutsch war der jüngere Bruder von Dr. Samuel Deutsch. Er war mit Ilonka Eisler (1893 – 1958) verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Kinder. Der gesamten Familie gelang die Flucht nach Australien. Max Deutsch war von 1937 bis 1938 Präsident.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Nach dem Anschluss trat er von allen Ämtern zurück. Im Zivilberuf war Max Deutsch Lederhändler. Deutsch zählte zu den Gegnern von Rabbiner Dr. Carlebach. Seine Entlassung fiel in seine Amtszeit.

Adolf Gelles (1881 – 1942)

Adolf Gelles war im Zivilberuf Weinhändler. Adolf Gelles war mit Sarah Gelles verheiratet. Sie hatten zwei Söhne. Adolf Gelles wurde als Mitglied des Kultusausschusses nach dem Rücktritt von Max Deutsch von der Bezirkshauptmannschaft mit der Leitung beauftragt. Im November 1938 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. Adolf Gelles und seine Frau wurden am 15.02.1941 nach Opole deportiert. Die Söhne konnten sich in die Schweiz retten.

Heinrich Fleischmann (1874 – 1942)

Heinrich Fleischmann war bereits von 1928 bis 1931 im Kultusausschuss der Badener Kultusgemeinde. Kurzzeitig war er auch Vizepräsident der Badener Gemeinde. Heinrich Fleischmann leitete die Gemeinde von November 1938 bis zur Auflösung im Jahre 1940. Seine schwierige Aufgabe umfasste die Abwicklung der Auswanderung von Gemeindemitgliedern sowie die Abwicklung der Liquidierung des jüdischen Vermögens. Heinrich Fleischmann konnte durch seine Funktion bis 1941 in Baden in der Marchetstraße 21 bleiben. Seine Frau, Jetty Fleischmann, verstarb am 09.09.1940 im gemeinsamen Haus.

Da Beerdigungen am jüdischen Friedhof in Baden durch die Arisierung der Liegenschaft nicht mehr möglich waren, wurde sie in Wien bestattet. Heinrich Fleischmann wurde am 28.07.1942 nach Theresienstadt deportiert. Am 15.05.1944 wurde er nach Auschwitz überstellt und ermordet.

Badener Rabbiner

Mit der Gründung einer eigenen Kultusgemeinde in Baden musste auch das Amt eines Rabbiners geschaffen werden. Ein Rabbiner ist ein jüdischer Geistlicher, dem die Leitung des Gottesdienstes obliegt, sowie die Beaufsichtigung von rituellen Anstalten (z.B. Mikwah) und das Schächten (z.B. für koscherer Restaurants). Auch zählte die Auslegung der jüdischen Gesetze (Halakhah) zu seinen Aufgaben.

Josef Leopold Abeles (1849 - unbekannt)

Als erster Rabbiner bzw. Rabbinatsverweser fungierte Josef Leopold Abeles. Er wurde 1848 in Ungarn geboren. Vermutlich ab 1874 lebte er in Baden in der Grabengasse 14 mit seiner Frau. Abeles hatte kein Gymnasium besucht – jedoch fand er von anderen Rabbinern in Wien und Lackenbach sowie von der Stadt Baden Fürsprecher für sich. Im September 1879 verließ Abeles die Badener Gemeinde.

Oberrabiner Prof. Wilhelm Reich (1852 – 1929)

Wilhelm Reich wurde am 18.10.1852 in Rusovce bei Bratislava geboren. Wihelm Reich studierte bis 1874 in Bratislava die Torah und bekam seine rabbinische Autorisation von Rabbiner Simchah Bunim. 1875 lernte er seine Frau Sidonie Sommer kennen. Aus der Ehe gingen vier Söhne hervor. Mit 01.01.1880 wurde er zum Rabbiner der Badener Gemeinde bestellt und am 03.02.1880 fand die Amtseinführung statt. Reich war ein begnadeter Kanzelredner und verstand es ausgezeichnet die verschiedenen Strömungen des Judentums in Baden zu vereinen.

Wilhelm Reich - Nach Osten (4,2 MB)

Wilhelm Reich - Patriotische Reden (4,2 MB)

Speziell an die Rede zur Eröffnung des Badener Waisenhauses in der Germergasse 48 sei erinnert. Wilhelm Reich unterrichtete auch von 1883 bis 1920 am Knabengymnasium in der Biondekgasse. 1898 verstarb seine Frau.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Im November 1899 verlobte er sich mit der Karlsruherin Jenny Eller (1865 – 1930). Aus der zweiten Ehe gingen eine Tochter Sidonie (1901 – 1990) und zwei Söhne (Zwillinge) Ernst (1902 – 1971) und Sigmund (1902 – 1976) hervor. Rabbiner Wilhelm Reich übte seine Tätigkeit bis zuletzt aus. Bei einer von ihm geleiteten Beerdigung am 24.07.1929 erlitt er einen Schlaganfall – noch in derselben Nacht verstarb Reich.

Reich wurde am jüdischen Friedhof in Baden beigesetzt. Heute erinnert nur noch eine Gedenktafel an seinem letzten Wohnort am Theaterplatz 4 an ihn.

Rabbiner Wolf Kohn (1835 – 1913)

Wolf Kohn wurde am 14.07.183 im tschechischen Radonice geboren. Er studierte bei Rabbiner Letaw Sofer in Bratislava. Wolf Kohn war mit Sara Kohn vormals Levia verheiratet. Aus der Ehe gingen insgesamt sieben Kinder hervor.

Ab 1880 war er Privatrabbiner in der Synagoge in der Wassergasse 14. Er leitete auch die Beth Hamidrasch in der Grabengasse 12. Kohn verstarb am 08.03.1913 im Kreise seiner Familie in Baden. Er wurde am jüdischen Friedhof in Dunjska Streda beigesetzt.

Rabbiner Salomon Friedmann (1875 – 1967)

Salomon Friedmann wurde am 18.04.1875 in Deutschkreuz geboren. Salomon Friedmann entstammte einer Rabbinerfamilie in der schon sein Großvater sowie sein Vater als Rabbiner fungierten. Salomon Friedmann heiratete 1901 die Tochter von Privatrabbiner Wolf Kohn. Das Ehepaar Friedmann lebte fortan in Baden. Friedmann assistierte seinem Stiefvater Kohn zunächst in der Beth Hamidrasch und übernahm nach dessen Tod im Jahr 1913 die Leitung. 1919 wurde ihm von Oberrabbiner Wilhelm Reich die Aufsicht über die koscheren Fleischbänke sowie die Restaurationen übertragen.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Nach dem Tod von Rabbiner Reich und der Neubesetzung der Stelle des Oberrabbiners durch Dr. Carlebach wurden die Einflusssphären in der Gemeinde neu verteilt, was wiederum zu Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Gemeinde führte. Nach dem Anschluss wurde Friedmann von den Nationalsozialisten zu einer sogenannten Reibpartie gezwungen. Friedmann konnte in die Schweiz sowie in weiterer Folge nach Palästina flüchten und verstarb 1967 in Israel.

Dr. Albert Schweiger (1879 – 1942)

Albert Schweiger wurde am 23.08.1979 in Jihlava (Tschechien) geboren. Er übernahm das Amt des Rabbiners in Baden nur vorübergehend nach dem Tod von Wilhelm Reich 1929 bis zur Bestellung von Dr. Carlebach 1931. Salomon Friedmann durfte aufgrund staatlicher Auflagen für Gemeinderabbiner (kein Gymnasium besucht) nicht mit der Aufgabe als Oberrabbiner betraut werden. Dr. Albert Schweiger wurde am 05.10.1942 in das Vernichtungslager Maly Trostinec (Weisrussland) deportiert, wo er am 09.10.1942 ermordet wurde.

Oberrabbiner Dr. Hartwig Carlebach (1889 – 1967)

Hartwig Carlebach wurde 1889 als Sohn des Lübecker Rabbiners Dr. Salomon Carlebach (1845 – 1919) geboren. Von 1906 bis 1913 studierte er – mit einem zweijährigen Zwischenstopp in Berlin – Philosophie an der Universität Leipzig. 1914 erlangte er auch das Rabbinatsexamen. Ab 1917 wirkte er als Rabbiner in der Synagogengemeinde Passauerstraße 2. Am 09.08.1931 wurde er in sein Amt als Badener Oberrabbiner eingeführt.

Schon bald entwickelten sich Kompetenzstreitigkeiten zwischen Dr. Hartwig Carlebach und Rabbiner Salomon Friedmann. Dabei ging es insbesondere um die Aufsicht der koscheren Restaurants und Fleischbänke die ab 1919 unter der Aufsicht von Friedmann standen.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Der Streit spaltete die jüdische Gemeinde in Baden zutiefst und der Streit dauerte letztendlich bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten an. Am 07.07.1938 legte er sein Amt nieder. Am 14.07.1938 flüchtete Carlebach mit seiner Familie aus Baden. Ab 1950 leitete er eine jüdische Gemeinde in New York. Seine beiden Söhne wurden ebenfalls Rabbiner. Shlomo Carlebach gelangte als singender Rabbiner Bekanntheit.

Religionslehrer

Ab 1871 war eine Religionsschule im Komplex in der Grabengasse untergebracht. Drei ausgewählte Mitglieder des Kultusausschusses sowie der Oberrabbiner überwachten den Religionsunterricht. Auch wurde in der Volks- und Hauptschule sowie am Knabengymnasium Biondekgasse und im Mädchenlyzeum Frauengasse in Sammelklassen vor Ort unterrichtet. Als Religionslehrer am Knabengymnasium betätigte sich auch Oberrabbiner Reich der von 1883 bis 1920 dem Lehrkörper angehörte. Unter anderem waren nachstehende Personen als Religionslehrer tätig:

Dr. Ernst Ehrentreu (1896 – 1981)

In den Jahren 1922, 1925 sowie 1926 war Dr. Ernst Ehrentreu als Religionslehrer am Badener Gymnasium tätig. Ab 1927 wirkte er als Rabbiner in München. Er folgte seinen Vater nach, der ebenfalls Rabbiner war. Dr. Ernst Ehrentreu war von 10.11.1938 bis 25.11.1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Im Februar 1939 konnte er nach Großbritannien auswandern.

Dr. Salomon Rosler (1891 - unbekannt)

Von 1929 bis zum Anschluss im Jahr 1938 wirkte Salomon Rosler als Religionslehrer am Gymnasium Biondekgasse und von 1933 bis 1936 in der Bundes-Realschule Wien XII. Rosler emigrierte 1938 nach Frankreich. Von 1940 bis 1942 war er interniert. Letztendlich gelang ihm über die Schweiz die Flucht in die Vereinigten Staaten. Sein Bruder Dr. Moses Rosler war Sekretär der Kultusgemeinde Baden.

Julius Infeld (1846 – 1918)

Julius Infeld fungierte auch als Sekretär der Kultusgemeinde und von 1879 bis 1880 als Matrikenführer der jüdischen Gemeinde.

Moritz Neufeld (1866 – 1932)

Moritz Neufeld fungierte in den 30iger Jahren des 20 Jahrhunderts als Wanderlehrer für die jüdischen Kinder in Pottenstein und Berndorf.

Dr. Sigmund Reich (1902 – 1976)

Der Sohn von Oberrabbiner Reich fungierte ab dem Schuljahr 1923/1924 als Religionslehrer am Gymnasium. 1926 wanderte er nach Palästina aus.

Rabbiner Hirsch Taubes (1900 – 1966)

Von 1926 bis 1928 wirkte Hirsch Taubes als Religionslehrer der Kultusgemeinde und an sämtlichen Badener Schulen. Ab 1936 wirkte er als Rabbiner in Zürich.

Rabbiner Dr. Hersch Zimmel (1900 – 1974)

Im Schuljahr 1928/1929 wirkte Dr. Hersch Zimmel als Religionslehrer für die Kultusgemeinde und am Knabengymnasium Biondekgasse. Ihm gelang die Flucht nach Großbritannien.

Rosa Glaser (unbekannt)

Rosa Glaser wirkte von 1929 bis vermutlich 1933 als Religionslehrerin an fast allen Badener Schulen.

Fräulein Schapira (unbekannt)

Fräulein Schapira war von 1926 bis 1929 für die Kultusgemeinde als Religionslehrerin tätig. Genaueres zu Fräulein Schapira ist nicht bekannt.

Kantoren

Als Kantor oder Chasan wird der Vorbeter in einer jüdischen Gemeinde bezeichnet. Da die jüdische Liturgie recht schwierig ist und eine harmonische Stimme von den Gemeindemitgliedern gewünscht wird, entwickelte sich die Funktion des Vorbeters zum eigenständigen Beruf. Der Vorbeter hat keine priesterliche Stellung, er betet mit der Gemeinde, aber nicht für sie. Die jüdische Gemeine Baden verfügte als größte Gemeinde Niederösterreichs nahezu ständig über einen bezahlten Oberkantor. Diese wechselten mitunter sehr schnell und daher kann auch nur ein unvollständiger Überblick über einige Badener Kantoren gegeben werden:

  • Bernhard Löwy
  • Jacob Schäfer
  • Mayer Seifert
  • Roth Friedrich
  • Leo Zoldan
  • Ferdinand Jura
  • Salomon Kreutzstein
  • Adolf Dukesz
  • Bernhard Löwy II
  • Süßkind Kurz
  • Emil Richter

Schächter

Als Schächter wird derjenige bezeichnet, der das Schächten ausführt. Beim Schächten handelt es sich um das rituelle Schlachten von koscheren Tieren. Koschere Tiere sind unter anderem Rinder und Hühner. Ab dem Jahr 1758 wurde erstmals der Aufenthalt eines Schächters für die Sommermonate gestattet. Folgende Personen waren in Baden als Schächter tätig:

Bernhard Löwy II (1878 – 1940)

Ab dem Jahr 1924 war Bernhard Löwy als Vorbeter und Schächter bei der Kultusgemeinde angestellt. Ab 1932 war er auch als Religionslehrer für die Gemeinde tätig. Bernhard Löwy starb 1940 in Wien und wurde am israelitischen Teil des Zentralfriedhofs begraben.

Seinen Söhnen (Leopold und Heinrich) gelang die Flucht nach Palästina. Seine Töchter (Selma und Therese) konnten nach Großbritannien auswandern. Seine Frau Helene Löwy wurde am 06.05.1942 in das Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert, wo sie am 11.05.1942 ermordet wurde.

Alexander (Süßkind) Kur(t)z (1886 – 1960)

Ab 1923 lebte die streng orthodoxe Familie in einer Wohnung der Kultusgemeinde in der Grabengasse 12. Nach dem Anschluss im Jahr 1938 konnte die Familie noch kurz dort bleiben. In weiterer Folge mussten sie ihre Wohnung räumen und in die Witzmanngasse 1 ziehen. Ihnen gelang die Flucht nach Palästina.

Abraham Breuer (1852 – 1922)

Seinem Sohn Berthold Breuer gelang die Flucht nach Palästina. Nach dem Krieg gehörte er zu den Rückkehrern.

Weitere Schächter

  • Leopold Wiener (1835 – 1921)
  • Jakob Kussel (1853 – 1926)

Sonstige Gemeindefunktionäre

Hermann Löwenthal (unbekannt)

Ab 1917 war Hermann Löwenthal in der Badener Gemeinde als Sekretär angestellt. Er übersiedelte 1923 nach Amerika.

Dipl. Kfm. Dr. Moses Rosler (1891 – 1983)

Ab 1928 übte Dr. Moses Rosler, der jüngere Bruder des Religionslehrers Dr. Salomon Rosler, das Amt des Sekretärs der Kultusgemeinde aus. Rosler emigrierte 1938 nach Frankreich. Von 1940 bis 1942 war er interniert. Letztendlich gelang ihm - über die Schweiz - die Flucht in die Vereinigten Staaten.

Arnold Singer (1882 – 1942)

Ab dem Jahr 1911 arbeitete Arnold Singer als Tempeldiener in der Badener Synagoge. Singer lebte mit seiner Frau und seinen Kindern im Tempelkomplex in der Grabengasse. Er wirkte auch zeitweilig als Vorbeter und gab Religionsunterricht. 1938 war Singer mit 27 Dienstjahren der dienstälteste Gemeindeangestellte der Badener Kultusgemeinde. Am 28.09.1938 zu Rosch ha-Schana (dem jüdischen Neujahrsfest) musste die Familie ihre Wohnung räumen und in die Witzmanngasse 1 übersiedeln.

Lilli Singer, der Tochter von Arnold Singer, gelang es 1939 nach England zu flüchten. Den Söhnen Leo und Michael gelang die Emigration nach Palästina. Arnold Singer, seine Ehefrau Josefine Ernestine Singer (1889 - unbekannt) und die jüngste Tochter Franziska „Franzi“ Singer mussten im Juli 1939 Baden verlassen. Sie übersiedelten zunächst nach Wien und von dort aus weiter nach Bratislava. Die emigrierten Kinder versuchten für die Eltern sowie für die jüngeren Geschwister Visa für die Ausreise zu erlangen. Leider vergeblich.

Arnold Singer wurde am 13.04.1942 in das Konzentrationslager Majdanek deportiert. Am 11.07.1942 wurde er im Konzentrationslager Majdanek ermordet. Für die Ehefrau Josefine Ernestine Singer (1899 - unbekannt) und die Tochter Franziska „Franzi“ Singer (1932 - unbekannt) gibt es unterschiedliche Angaben über deren Deportierung bzw. Todesdatum. Edith Singer (1919 - unbekannt) versuchte zunächst nach Palästina zu flüchten, was misslang. Sie wurde ebenfalls in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten ermordet.

Isidor Fischer (1876 - unbekannt)

Ab 1920 war Isidor Fischer in der Badener Kultusgemeinde für die rituelle Aufsicht (z.B. bei der Herstellung von Lebensmitteln) zuständig. Bis 1938 lebte er mit seiner Familie in der Marchetstraße 31. Sein Sohn Alexander Fischer und dessen Frau Liselotte Fischer wanderten als aktive Mitglieder des zionistischen Jugendvereins Gordoniah bereits in den 30iger Jahren nach Palästina aus. Seinen Brüdern Fritz und Alfred Fischer gelang nach dem Anschluss ebenfalls die Flucht nach Palästina. Seine Frau Rosalie Fischer wurde 1941 nach Litzmannstadt deportiert.

Vereine

Zahlreiche jüdische Vereine legte Zeugnis über das vielfältige Leben der jüdischen Bewohner von Baden ab. Die Vereinstätigkeit der unterschiedlichen Vereine gestaltete sich höchst unterschiedlich und reichte von Vereinen, deren Aufgaben hauptsächlich religiöser Natur waren, über Literatur- und Wohltätigkeitsvereine bis hin zum Bund jüdischer Frontsoldaten und zionistischen Vereinigungen.

Eine komplette Rekonstruierung sämtlicher jüdischer Vereine gestaltet sich insofern schwierig, da ein Großteil der Aktenbestände, die Zeugnis über das Vereinsleben ablegen, durch die Nationalsozialisten vernichtet wurde. Wir versuchen aber dennoch hier einen möglichst akkuraten Überblick zu geben.

Aktuelle Vereine

Israelitischer Kultusverein

Bereits 1868 suchten Max Mandl sowie Max Mayer vergeblich bei der niederösterreichischen Statthalterei um die Gründung einer Israelitischen Cultusgemeinde an. Ungefähr zur gleichen Zeit dürften „Jakob Kohn“, „Nathan Schey“ und „Moses Schey“ den Israelitischen Krankenunterstützungsverein gegründet haben. Als Vereinszweck wurde „die Unterstützung der Mitglieder bzw. der Hinterbliebenen im Krankheits- oder Todesfall“ angegeben. Am 06.11.1870 erwarb der Krankenunterstützungsverein das Haus in der Grabengasse 14.

Die Gründung des Badener Kultusvereins erfolgte nicht ganz ohne Hürden. Vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Hermann Knepler, suchte der Krankenunterstützungsverein am 23.01.1871 um die Bewilligung der Errichtung eines „Cultus-Vereines“ im Bezirk Baden an. Die Antwort des eigentlich als liberal geltenden Bürgermeister Wilhelm Germer war – nach Meinung der Autoren - eindeutig ablehnend formuliert. Um dem Vorwurf des Antisemitismus vorzugreifen schloss sein Schreiben mit folgenden Worten ab:

„Der Stadtvorstand erachtet es demnach für seine Pflicht, im Interesse des Kurortes den leichterhobenen Beschuldigungen zu trotzen, dass er aus engherzigen, verrotteten Vorurteilen seine Stimme gegen Israeliten erhebe.“

Eine Klarstellung die mehr als fragwürdig ist und wahrscheinlich nur eine bloße Schutzbehauptung war. Trotz vorläufiger Ablehnung der Statthalterei wurde nach Rekurs beim Kulturministerium die Erlaubnis erteilt den Kulturverein zu gründen. Mit 01.09.1871 genehmigte auch die Statthalterei die Statuten des „Israelitischen Cultusvereins“. Erster Obmann wurde „Max Mandl“, sein Stellvertreter „Jakob Löb Pollak“.

Am 26. November 1871 wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde ein Grundstück zur Errichtung eines jüdischen Friedhofes angekauft. Nachdem die Behörden das vorhandene Grundstück als zu klein kritisierten, wurde ein weiterer Acker angeschafft. Die Gesamtgröße betrug nun 4000 m². Am 14. Juli – noch vor Beendigung der Arbeiten – fand die erste Beerdigung am jüdischen Friedhof in Baden statt.

Mit 28.11.1875 wurde unter Bürgermeister Oskar Alexander Graf Christallnig der Kultusverein in die Kultusgemeinde umgewandelt. Diese besagte „jeden einzelnen im Ort wohnenden Israeliten die Pflicht Kultusbeiträge zu leisten“. Diese Beiträge waren aufgrund der angespannten finanziellen Lage des „Israelitischen Cultusvereins“ mehr als willkommen, hatten sich doch durch den Kauf und den Umbauarbeiten an der Liegenschaft in der Grabengasse 14 sowie durch die Errichtung eines Friedhofes hohe Schulden angehäuft.

Es sollte aber drei Jahre dauern, bis sich die Kultusgemeinde konstituierte und die ersten Vorstandswahlen stattfanden. Als erster Präsident wurde Moriz Leitner gewählt. Hauptaufgabe war es vorerst die angespannte finanzielle Lage der jüdischen Gemeinde sowie ein gutes Miteinander der progressiven sowie orthodoxen Juden zu erreichen. Mit der Insolvenz des Kultusvereins wurde der Tempel an dessen Erbauer den Stadtbaumeister Franz Breyer versteigert. Die Kultusgemeinde einigte sich auf einen Rückkauf auf Raten.

Der kriegsbedingte Zuzug von Juden aus dem Osten stellte für die Israelitische Kultusgemeinde eine neue Herausforderung dar. Die Interessen der ansässigen sowie der neu angekommen und wesentlich orthodoxeren Juden mussten unter einem Hut gebracht werden und immer wieder Kompromisse gefunden werden. Mit dem Tod von Oberrabbiner Reich im Jahr 1929 hatte die Gemeinde einen schweren Verlust auszugleichen. Es dauerte bis ins Jahr 1931 bis ein neuer Oberrabbiner gefunden wurde. Mit 01.08.1940 wurde die jüdische Gemeinde in Baden aufgelöst und in den Sprengel der IKG Wien eingegliedert.

Gemeindepräsidenten

  • 1872 – 1874 Max Mandl (noch als Israelitischer Cultusverein Baden)
  • 1874 – 1878 Jakob Löb Pollak (noch als Israelitischer Cultusverein Baden)
  • 1878 – 1897 Moritz Leitner (fortan Israelitische Cultusgemeinde)
  • 1897 – 1900 Anton Schneider
  • 1900 – 1919 Moritz Leitner
  • 1919 – 1931 Alexander Braun
  • 1931 Chaskel Ingwer
  • 1931 – 1934 Anton Stern
  • 1934 Dr. Samuel Deutsch
  • 1934 - 1937 Dr. Rudolf Lackenbacher
  • 1937 – 1938 Max Deutsch
  • 1939 – 1940 Heinrich Fleischmann

Chewra Kadischa

Die Chewra Kadischa kümmert sich um die Bedürfnisse der Sterbenden bzw. in weiterer Folge um die rituelle Bestattung der Verstorbenen. In Baden wurde der Verein 1874 – kurz nach der Fertigstellung des Badener Friedhofes 1873 gegründet. Baden als Weltkurstadt hatte zahlreiche ältere Gäste aus dem In- und Ausland die hier zumeist ihren Lebensabend verbrachten und in weiterer Folge auch in Baden verstarben.

Festschrift der Chewra Kadischa als PDF (1,6 MB)

Erster Präsident der Chewra Kadischa wurde Jakob Kohn und das erste Büro befand sich in der Grabengasse 12. Hier die weiteren Präsidenten der Chewra Kadischa in chronologischer Reihenfolge bis zum Anschluss im Jahr 1938:

  • 1874 - 1876 Jakob Kohn
  • 1876 – 1888 Moritz Leitner Senior (Vater von Kultuspräsidenten Moritz Leitner jun)
  • 1888 – 1893 Abraham Weinmann
  • 1893 – 1921 Moritz Leitner (Junior, parallel zu seiner Tätigkeit als Präsident der Kultusgemeinde)
  • 1921 – 1924 Adolf Raab
  • 1924 – 1938 Ludwig Lackenbacher (1863 – 1942 Vernichtungslager Treblinka)

Die Vermögensdeklaration des Vereins verfasste Ernst Ehrenstein in seiner Funktion als Kassier. Ernst Ehrenstein wurde nach Auschwitz verschleppt und dort am 09.05.1942 ermordet. Der Verein wurde im September 1938 aufgelöst und das Vermögen nach Abzug der Aufbauumlage und Verwaltungsgebühren - die rund 75 % des Gesamtvermögens ausmachte - in die Fürsorgezentrale der Israelitischen Kultusgemeinde Baden eingewiesen.

Als Aufbauumlage wurde die Umlage für einen offiziellen Fond zum Aufbau der NSDAP in Österreich genannt. Mit Stichtag 22.09.1938 machte das Vereinsvermögen 4.361,16 Reichsmark aus. Eingewiesen wurden 1.090,29 Reichsmark. Von der Basis 4.361,16 ausgehend sind 1.090,29 25 % sprich 75 % wurden einbehalten. 2004 wurde der Verein Chewra Kadischa in Baden neu gegründet.

Wahlwerbende Vereine

Zionistischer Landesverband Wien, Ortsgruppe Baden

Die zionistische Ortsgruppe Baden formierte sich 1922 als Ortsgruppe des zionistischen Landesverbandes Wien. 1930 löste sich der Verein kurzzeitig auf, wurde aber 1932 wieder gegründet. Zunächst hatten die Zionisten keinen nennenswerten Einfluss auf die jüdische Gemeinde Baden. Das änderte sich mit den Wahlen der Badener Kultusgemeinde von 1934. Als bekannte Mitglieder der Zionisten in Baden galten: Dr. Samuel Deutsch und Dr. Rudolf Lackenbacher. Der Verein wurde 1939 aufgelöst.

Israelitischer Wirtschaftsverein

Der Israelitische Wirtschaftsverein wurde 1925 von Louis Pollak gegründet. Er stellte Kandidaten für die Vorstandswahlen der Badener Kultusgemeinde. Bekannte Vertreter waren unter anderem: Wilhelm Mandl, Anton Stern, Max Deutsch, Dr. Anton Fischer, Dr. Emil Raab, Wilhelm Reiss und Dr. Alfred Lakenbacher. Der Verein wurde am 13.09.1939 aufgelöst.

Jüdische Arbeitsgemeinschaft

1936 gründete sich der Verein der jüdischen Arbeitsgemeinschaft, die ebenfalls Kandidaten für die Wahlen zum Kultusausschuss stellten. Vor seiner Gründung trat der Verein auch als „Jüdische Arbeiterpartei“ auf. Zu den bekanntesten Vertretern gehörten Alexander Braun sowie Chaskel Ingwer. Der Verein wurde am 13.09.1939 aufgelöst.

Wohltätigkeit

Bikkur Cholim – Israelischer Krankenunterstützungsverein

Der Verein bestand ab 26.03.1868 und spielte eine erhebliche Rolle bei der Gründung der Gemeinde. Der Verein diente als eine Art Versicherung für seine Mitglieder im Krankheitsfall. Der Verein bestand offiziell bis zu seiner Auflösung im Jahr 1879. Jedoch findet sich in der „Jüdischen Presse“ von 18.04.1924 ein Hinweis, dass der Verein wieder aktiv wurde. „An der Tafel nahmen folgende (…) Gäste Teil (…) ferner die Vorstehungen und der Ausschuss (…) des Bikur Chaulim Baden.

Israelitischer Frauenwohltätigkeitsverein in Baden

Der israelitische Frauenunterstützungsverein Baden konstituierte sich am 20.04.1890. Seine Aufgaben umfassten die Ausstattung jüdischer Bräute sowie die Unterstützung von schwangeren, stillenden, kranken und pflegebedürftigen Frauen. Erste Präsidentin des Vereins wurde Bettina Schreiber geb. Reich (1832 – 1904). Ihr folgte Julie Leitner (1849 – 1926) die Frau von Moritz Leitner nach.

Ab 1919 führte diese Tätigkeit Luise Freiwillig (1882 – 1942 Vernichtungslager Chelmno, Polen) aus. Die letzte Präsidentin des Vereins war Hedwig Braun. Sie konnte gemeinsam mit ihrem Mann nach Palästina flüchten. Der Verein wurde am 05.10.1938 mit Bescheid des Stillhaltekommissars aufgelöst und das Vereinsvermögen nach diversen Abzügen in die „Fürsorgezentrale der Israeltischen Kultusgemeinde Baden“ eingewiesen.

Jugendvereine

Agudas Israel, Ortsgruppe Baden

Am 21.11.1920 konstituierte sich die Ortsgruppe der Agudas Israel in Baden. Der Verein bestand wohl nicht sehr lange. Der letzte Hinweis auf seine Vereinstätigkeit stammt ebenfalls aus der Jüdischen Presse von 25.02.1921.

Betar

Betar war eine zionistische Jugendorganisation, die 1923 in Lettland gegründet wurde und bald darauf in vielen Ländern Ableger hatte. Die Badener Betar Vereinigung gründete sich 1931 und wurde schnell zur größten jüdischen Jugendorganisation der Stadt.

Der erste Vereinsleiter wurde Kurt Schallinger. Die Betar Gruppe in Baden organisierte Ausflüge, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Vorträge über den Zionismus, aber auch Erste Hilfe Kurse. Auch die Auswanderung nach Palästina auf legale sowie illegale Weise gehörte zur Agenda des Vereins.

Gordoniah

Die Gruppe wurde vermutlich um 1926/1927 von Ludwig Grünwald „gegründet“. In Baden war diese Gruppierung nicht als Verein organisiert. Gordoniah galt als linkszionistische Vereinigung, deren erklärtes Ziel es u.a. war die Jugend für die zionistische Idee zu gewinnen. Gordoniah Baden entwickelte sich rasch zur zweistärksten jüdischen Jugendgruppierung in Baden.

Jüdischer Klub

Der jüdische Klub war quasi eine Dachorganisation für sämtliche jüdische Jugendorganisationen in Baden. Der Klub wurde 1930 von Ludwig Grünwald, Dr. Samuel Spitzer und Michael Gourary gegründet. Der Jüdische Klub organisierte zahlreiche gesellschaftliche Veranstaltungen mit jüdischem Bezug. 1939 wurde der jüdische Klub durch die Nationalsozialisten aufgelöst.

Sportklubs

Sportklub Unitas Baden - jüdischer Verein für Sport und Geselligkeit

Die „Unitas“ organisierten sich 1920 als Verein. Erster Obmann des Vereins war Dr. Samuel Spitzer. Der Verein hatte eine „Fußball-“ und eine „Geselligkeitssektion“.

http://www.noefv.at/noefv/resource/626180143050425480_726605617041671928_9nqe21Fe.pdf

http://www.noefv.at/noefv/resource/626180143050425480_726605660259780376_ma0s9qLI.pdf

Für die Folgejahre gibt die Tabelle der Niederösterreichischen Fußballverbandes keine Hinweise über eine Beteiligung von Unitas, jedoch sind die Tabellen der Folgejahre auch (noch) nicht vollständig. Der Verein wurde am 15.09.1939 durch die Nationalsozialisten aufgelöst.

Weitere Vereine

Israelitische Allianz in Wien, Filiale Baden

1887 wurde die Filiale der israelitischen Allianz Wien in Baden gegründet. Als Obmann der israelitischen Allianz in Baden scheint ab der Gründung Oberrabbiner Wilhelm Reich auf. Nach dessen Tod lassen sich keine Unterlagen mehr auffinden, die auf eine weitere Vereinstätigkeit in Baden hinweisen. Der Wiener Zentralverband besaß jedoch in der Helenenstraße 9 ein Mehrparteienhaus mit Garten. Hier wohnte von 1931 bis 1938 der Wiener Gemeinderabbiner Dr. Max Grunwald (1871 – 1953). Dr. Grunwald konnte nach dem Anschluss nach Palästina flüchten. Die Liegenschaft wurde nach dem Krieg restituiert und später verkauft.

Bund Jüdischer Frontsoldaten, Ortsgruppe Baden

Der Bund Jüdischer Frontsoldaten war eine Veteranenvereinigung für jüdische Soldaten, die im ersten Weltkrieg in der K.u.K. Armee gedient hatten. Der Verein gründete sich 1932, erst 1936 organisierte sich die Ortsgruppe Baden als selbstständiger Verein. Auch war der Schutz vor antisemitischen Übergriffen eine Aufgabe des Bundes jüdischer Frontsoldaten.

Weitere Vereine

  • Literaturverein Maimonides (1919 - formell bis 1939, Vereinstätigkeit wurde vermutlich schon früher eingestellt)
  • Jüdischer Bildungsverein Baden (existierte von 1903 – 1908)
  • Verein Maskil el dol – Verein für die Unterstützung armer israeltischer Familien in Baden (existierte von 1881 – 1887)
  • Verein Noschim zadkonios Baden (1924 - ??)
  • Jüdischer Wanderbund „Blau-Weiss“, Ortsgruppe Baden (in Baden vermutlich ab 1920 bis vermutlich 1926)
  • Misrachi „Haschomer Hadati“, Ortsgruppe Baden (in Baden ab 1932 bis zur formellen Auflösung 1939)
  • Landesverband der Zionisten-Revisionisten Östereichs, Ortsgruppe Baden (1935 – 1939)
  • Organisation zionistischer Frauen Österreichs in Baden – WIZO (1937 – 1939)
  • Jüdischer Sparverein Baden
  • Schaumre Schabbos Umizwaus – Verein der den Sabbath und die Gebote Beobachtenden Baden

Badener Antisemitismus

Als Antisemitismus wird die pauschale Ablehnung von Juden und des Judentums bezeichnet. Neben dem christlich motivierten Antisemitismus/Antijudaismus, der den Juden unter Anderem eine "Kollektivschuld" am Tod Jesus Christus gibt, besteht auch noch der sozialdarwinistische bzw. rassistische Antisemitismus der erst mit der Aufklärung entstanden ist.

Hier wird das Judentum nicht als Religion – sondern als eigene Rasse definiert, dem gewisse negative Charaktereigenschaften zugerechnet werden. Durch die Rassentheorie wurde der Judenhass pseudowissenschaftlich untermauert und gewann weltweit an Einfluss. Zahlreiche Verschwörungstheorien wurden von Antisemiten über Juden in Umlauf gebracht.

In Baden konnte 1885 der antisemitische Kandidat für den Reichstag Fiegl einen Wahlerfolg für sich verzeichnen. Fiegl setzt sich bei den Wahlen für den 3. Wahlkörper (Wählerklasse der Mindestbesteuerten) überraschend gegen den liberalen Lustkandl durch. Daraufhin verliehen die Gemeindevertreter Lustkandl die Ehrenbürgerschaft der Stadt Baden und verabschiedeten einstimmig eine Resolution gegen Antisemitismus.

Bei der nächsten Wahl im Jahr 1891 war die Stimmung gegen Fiegl gekippt und er war fortan nicht mehr im Reichstag vertreten. Höchstwahrscheinlich spielte dabei auch die Angst vor dem Ausbleiben von jüdischen Kurgästen in Baden eine Rolle, die bei einer neuerlichen Wahl den Ort wahrscheinlich boykottiert hätten. Vermutlich aus dem Jahr 1894 als der Vordenker des modernen Zionismus – Theodor Herzl - in Baden weilte ist ein antisemitischer Vorfall von eben diesem in seinem Tagebuch überliefert.

(…) Das zweitemal wurde mir in Baden bei Wien „Saujud“ nachgerufen. Dieser Ruf traf mich stärker, weil er das merkwürdige Nachwort zu dem Gespräch war, das ich in der Hinterbrühl geführt hatte, und weil er auf „heimischen“ Boden ertönte.

Gewiss war das nicht der einzige antisemitische Pöbelei in Baden zu dieser Zeit, sie sticht aber gerade hervor da sie in den Tagebüchern von einem doch sehr exponierten Vertreter des Judentums überliefert ist. Mit Ende des 1. Weltkriegs und Zerfall der Monarchie 1918 nahm der Antisemitismus neue Formen an. Juden gab man die Schuld am verlorenen Krieg. Auch sollen sie sich am Krieg bereichert haben. Der Zuzug von jüdischen Flüchtlingen aus dem Osten gab zusätzlich noch antisemitischen Zündstoff.

Speziell das Badener Bezirks-Bote (BBB) war immer wieder um „Antisemitische Aufklärungsarbeit“ bemüht. So wies das Badener Bezirksbote wiederholt darauf hin, dass ein Ausverkauf an die Juden drohe und forderte die christliche Bevölkerung auf auch nicht an Juden Immobilien zu verkaufen. Des Weiteren wurde unterstellt, dass Juden beim Immobilienkauf ältere Menschen getäuscht oder mit Anwälten eingeschüchterten hätten.

Pragmatischer Zugang

Eine Art pragmatischen Zugang zum Antisemitismus pflegte Josef Kollmann vor seiner Zeit als Bürgermeister im Jahr 1918. So sagte Kollmann bei einer Rede vor dem katholischen Volksbund: „Früher haben wir sie (Anm. die Juden) zurückgedrängt, (…) wenn man heute unsere Offiziere so recht betrachtet, hat man das unbestreitbare Gefühl, sich in Palästina zu befinden. (...) das Pressebüro. Hier sitzt buchstäblich ein Jude auf dem anderen.“

Später in seiner Funktion als Bürgermeister änderte Kollmann seinen Ton gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Über antisemitische bzw. nationalsozialistische Übergriffe liest man in den Badener Lokalnachrichten so gut wie nie. Vielmehr wird man in den überregionalen jüdischen Wochenzeitungen „Die Wahrheit“, „Die Stimme“ und „Der Jüdischen Presse“ fündig.

Durch ebendiese Zeitungsartikel ist auch die Reaktion des christlich-sozialen Bürgermeisters Josef Kollmann auf die erstarkende nationalsozialistische Bewegung in Österreich gut dokumentiert. So wird Bürgermeister Kollmann einmal vom Badener Bezirksblatt kritisiert, weil er für den jüdischen Kinderhilfstag Blumen gekauft hatte und somit „seine Judenfreundschaft zur Schau stellte“.

Kollmann konterte, dass er sich bei den Bedürfnissen von Armen nicht auf Partei- oder Rassenpolitik (sic) eingrenzen lassen würde. Weiteres führte er aus: „Ich werde daher auch in Zukunft nicht bei den „Badener Bezirksboten“ anfragen, ob ich etwas tun darf oder nicht, sondern weiterhin nach meinem Grundsatz handeln.“ Mit dem Erstarken der Hakenkreuzbewegung in Österreich mehrten sich auch die organisierten Übergriffe auf Juden in Baden. So wird berichtet, dass etwa „zweiundzwanzig Hakenkreuzler, durch wüstes Lärmen den Abbruch einer Vorstellung der Wilnaer Truppe im Theater erzwangen. Sie wurden zu Geldstrafen verurteilt.

Im März des Jahres 1923 wurden von Badener Nazis Plakate mit dem Text „Juden hinaus!“ in der Stadt aufgehängt. Im August 1924 - also mitten in der Hochsaison - kam es zu Übergriffen zweier Nazis im Kurpark. Aus dem Bericht in der „Wahrheit“ geht hervor, dass sie dann von den Anwesenden (wahrscheinlich jüdischen Kurgästen) zur Rechenschaft gezogen wurden. Auch während der Kursaison 1925 dürfte es zu Übergriffen durch Nazis im Kurpark gekommen sein.

Alltag

In den Folgejahren bis 1932 konnten sich weder in der Lokalpresse noch in überregionalen jüdischen Publikationen Berichte über antisemitische Übergriffe finden lassen. Seitens der Stadt wurde zumindest darauf geachtet, dass die Übergriffe in den Sommermonaten aufgrund der zahlreichen jüdischen Kurgäste nicht Überhand nahmen.

Während der Kursaison im Jahr 1932 wurde in der Nacht am Badener Tempel Hakenkreuze angebracht und der Tempel mit folgender Drohung beschmiert: „Achtung! Ihr Volk der Mazzefresser – wir kommen heut‘ Nacht mit dem langen Messer!“ Bürgermeister Josef Kollmann verbot daraufhin das Betreten des Kurparks in Parteiuniform und bezeichnete die Nationalsozialisten als „die Partei des Terrors und des Tiefstandes der Sitte“.

Für sein engagiertes Auftreten gegen die Nationalsozialisten ernte Josef Kollmann zumindest in der jüdischen Zeitung „Die Wahrheit“ viel Lob. So heißt es, „Baden kann also wirklich in so mancher Hinsicht zum Vorbild dienen, auch in politischer Hinsicht unserer Regierung, denn derjenige, der sich so scharf gegen die Hakenkreuzler ins Zeug legt, ist – ein Christlichsozialer, Bürgermeister Josef Kollmann“.

Bei der Begegnung des jüdischen Sportklubs Hakoah gegen den Badener A.C. im selben Jahr soll es zu antisemitischen Fangesängen gekommen sein.

Verunsichert über die sich mehrenden antisemitischen Übergriffe wandten sich vor der Kursaison 1933 viele jüdische Kurgäste an den Präsidenten der Badener Kultusgemeinde, Anton Stern. Dieser sah sich aufgrund der vielen Anfragen veranlasst diese in einem Artikel in der jüdischen Zeitung „Die Wahrheit“ zu kommentieren. Dabei versicherte er den jüdischen Kurgästen, dass es zu keinen derartigen Übergriffen kommen werde. Auch der Nationalsozialistische Gemeinderat Franz Schmid äußert sich in der Gemeinderatssitzung von 29.03.1933 zum Thema antisemitische Übergriffe.

(…) Ich will hier ganz gehörig unterstrichen wissen, dass wir uns an die sogenannten losen Vereinbarungen immer gehalten haben und dass wir Nationalsozialisten in Baden im Sommer in keiner Weise einen Wirbel gemacht haben und wenn ein paar Jünger in blauen Blusen und braunen Hemd im Kurpark aneinander geraten sind, so kann man keine Leitung dafür verantwortlich machen. (…)

Am 14. Juli des Jahres 1933 wurden mehrere jüdische Geschäfte in Baden mit der Aufschrift „Jüdisches Geschäft“ und einem Davidstern beschmiert. 1933 berichtete die Badener Zeitung über einen Sprengstoffanschlag auf die Gleisen der Badener Elektrischen (heute Badener Bahn).

Sonstige Presseartikel

Das Badener Alltagsleben wurde in der jüdischen Presse sehr oft thematisiert. Weiters fand man auch Leserbriefe aktiver Badener Juden sowie zahlreiche Spender für wohltätige (jüdische und nicht-jüdische) Zwecke.

Literaturverzeichnis

  • Duizend-Jensen S. (2004): Jüdische Gemeinden, Vereine, Stiftungen und Fonds, Oldenbourg Verlag, 1. Aufl.
  • Hachtmann R. (2006): Hitlers Kommissare. Sondergewalt in der nationalsozialistischen Diktatur, Wallstein Verlag, 1. Aufl.
  • Herzl T. (2012): Theodor Herzls Tagebücher, 1895-1904, Ulan Press, 1. Aufl.
  • Meissner M./Fleischmann K. (2002): Die Juden von Baden und ihr Friedhof, Grasl, 1. Aufl.
  • Oeller V. (2011): Raum Baden zwischen 1933 und März 1938. Fallbeispiel Baden und Traiskirchen (Möllersdorf), Diplomarbeit
  • Schärf T. (2005): Jüdisches Leben in Baden - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Mandelbaum Verlag, 1. Aufl.
  • Wallas A. (1999): Eugen Hoeflich Tagebücher 1915 bis 1927, Böhlau Verlag, 1. Aufl.
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